WELT-Artikel zur finalen Episode der TV-Serie Mad Men
„Die Serie „Mad Men″ ist vorbei. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine Werbung, die es schon lange nicht mehr gibt. Jetzt müssen wir Werber nur noch verstehen, was unsere Kunden längst wissen. Von Marc Schwieger″ überschrieb die Tageszeitung DIE WELT gestern etwas irritierend ihren Feuilleton-Aufmacher.
Schon der erste Satz dieses Pamphlets wird von der Wirklichkeit ad absurdum geführt. Man denke nur an die herrlichen TV-Spots des Versandhändlers Zalando. Und im zweiten Satz versteigt sich der Autor in die Unterstellung, die Werber verstünden ihre Auftraggeber nicht, in Tateinheit mit der Feststellung, Kunden wüssten „längst″ etwas. Mit anderen Worten: die Werbeszene sei zu einem Tummelplatz von geistig Minderbemittelten heruntergekommen.
„Das Ende von ‚Mad Men’ erzählt vom Albtraum einer ganzen Branche″ schreibt Herr Schwieger, selbst Werber und Mitinhaber einer Agentur. „Ins Bild gesetzt wird der Abschied von der Allmachtsfantasie, die für so viele Werber Ansporn und Belohnung zugleich war. Kreativ ist ausschließlich der gleichnamige Direktor. Und die Zielgruppe ist das Ziel, das es zu treffen gilt. Man musste die richtige Munition haben oder das trojanische Pferd ins Wohnzimmer rollen. Der Werber wusste, was gut war und was kreativ. Er entschied. Marktforschung gab es zwar auch, aber die war ja nicht kreativ. Dazu kam, dass in den Zeiten vor Google und Facebook fünfzig Prozent der Werbung sowieso immer rausgeschmissenes Geld waren. Das wusste schon John Ford. Aber niemand wusste, welche Hälfte des Budgets die wirkungslose war. Geld war also immer genug da.″
So ändern sich die Zeiten.
Früher hätte man unter Werbern noch gewusst, dass es nicht John Ford, der Filmregisseur, sondern bestenfalls Henry Ford, der Automobilmagnat, war, der nicht wusste, welche Hälfte seiner Werbemillionen verpufft wurde (der Spruch wurde ihm – wie auch Unilever-Lord Leverhulme – zugeschrieben, stammte aber ursprünglich vom Kaufhauskönig John Wanamaker).
Früher war das Geld, das zur Hälfte zum Fenster hinausgeworfen wurde, in der Regel selbstverdient. Heute ist es immer häufiger das Geld von Investoren und Spekulanten, siehe Zalando.
Früher hätte ein Journalist diesen Artikel für DIE WELT geschrieben, heute schreibt ihn der Mitinhaber einer „Agentur für digitale Konsumwelten″.
Man weiß nicht, was man mehr bedauern soll.
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