Foto von Jürgen Teller in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG vom 17. August 2014
„Werbung, die Kunst sein will, gibt es jede Menge. Aber Kunst, die Werbung sein möchte, die gibt es eher selten. In der Galerie und im Museum ist für den Betrachter ja alles Kunst, qua Kontext, und ebenso muss alles, was auf einem Anzeigenplatz in der Zeitung steht, logischerweise Werbung sein. Ist es auch. Normalerweise.
Wenn aber in dieser Zeitung, wo sonst Bücher, Platten, Kleider oder Auktionen beworben werden, plötzlich Kunstwerke stehen, dann ist das seltsam, ungewöhnlich und irritierend; vielleicht, hoffentlich, auch schön. Dachten wir uns und übergaben acht bildenden Künstlern die Anzeigenplätze dieses Feuilletons.“
So begann der Einführungstext zu einem sogenannten Kunst-Spezial der FAS.
Weiter hieß es: „Was macht ein Künstler, wenn man ihn werben lässt? Egal, ob für sich selbst, ein Anliegen, den Weltfrieden oder sein Lieblingseis. Das war die Frage, die uns die Künstler beantworten sollten.”
Und was macht einer dieser „Künstler”, mein Lieblingsfotograf? Er liefert einfach ein aktuelles Gute-Laune-Jürgen-Teller-Foto aus seinem Heimatdorf Bubenreuth mit der Bildunterschrift „Wolfie”. Zweck dieser „Anzeige”? Werbung für Jürgen Teller natürlich. So wie alle Fotos, die Jürgen Teller je gemacht hat, letztlich Werbefotos für Jürgen Teller waren und sind.
Der verantwortlich Redakteur sah in dem Foto freilich viel mehr. Nämlich das: „Die Beziehung von Kunst und Werbung ist eine fruchtbare. Man denke nur an Warhol, an Richard Prince oder an die Kleinanzeigen des Dieter Roth. Juergen Teller ist Künstler und Vollprofi, was Werbung betrifft; er schießt seit Jahr und Tag Kampagnen für die Modeindustrie, die sich fest in unser visuelles Gedächtnis eingebrannt haben. Victoria Beckham steckte Teller einmal in eine riesige Einkaufstüte, nur die Beine schauten heraus, der Star war verschwunden, die Klamotten auch, eine Anzeige war es trotzdem. Für uns fotografierte Teller auf Seite 32 seinen besten Freund, den Geigenbaumeister Wolfgang „Wolfie“ Schnabel. Was für diesen auch wieder eine gute Reklame ist. Ganz schön clever, Herr Teller.”
Als Geigenbaumeister würde ich mich vermutlich auch freuen, wenn Jürgen Teller mein Freund wäre und mich ab und zu fotografieren würde. Vor allem, weil ich mit dem Verkauf dieser Bilder eines Tages vielleicht in einem vollends durchgeknallten Kunstmarkt notfalls meine Rente aufbessern könnte.
Weniger freuen würde ich mich freilich, dass der Herr Redakteur sogar zu blöd war, meinen Namen richtig zu schreiben. Aber was will man auch von einer Journaille verlangen, die ihre Leser Glauben machen möchte, ihre Geschäftsführung hätte tatsächlich auf Werbeeinnahmen verzichtet und stattdessen die Anzeigenplätze des FAS-Feuilletons Künstlern gratis zur Verfügung gestellt. Wo in Wahrheit dem Verlag der FAS seit Jahren nicht nur die Leser, sondern auch die Werbekunden davonlaufen.
Und dass die Beziehung der Kunst zur Werbung speziell in Deutschland keine fruchtbare, sondern eine furchtbare ist, weiss jeder, der Michael Schirners Buch „Werbung ist Kunst” gelesen und dennoch alle Tassen im Schrank bewahrt hat.
Sowohl bei der FAS als auch bei Schirner teile ich Ihre Meinung voll und Ganz. Danke, dass Sie die dumme Verarsche der Journaille beim Namen nennen.
Kommentiert von: Werner Lippert | 30. August 14 um 14:12 Uhr