Zeitung für Heldinnen und Helden der Kommunikation
„Hallo. Wir sind auf euren Blog aufmerksam geworden und finden, dass dieser super zu unserem ADC Festival passt. Deswegen schicke ich euch im Folgenden Informationen zu, damit ihr diese in einen Beitrag einbauen könnt. Falls ihr das macht, schickt uns doch bitte den Link zu, wir freuen uns darauf. Bei Fragen könnt ihr euch gerne melden.” Schrieb sascha.mueller@adc.de.
Ja, wir haben da schon ein paar Fragen.
Denn zufällig ist uns beim Ausschütteln der Frankfurter Allgemeinen eine mit HEROES betitelte ZEITUNG FÜR HELDINNEN UND HELDEN DER KOMMUNIKATION auf den Frühstückstisch gefallen – prall gefüllt mit Content zu euerem BATTLE OF CONTENT.
Die beklemmendste Frage bezieht sich auf den Autor des mit ALLES CONTENT überschriebenen Leitartikels. Wie ist es möglich, dass ein Mann, der viele Jahre Chefredakteur der angesehensten Tageszeitung Baden-Württembergs war und dessen Politik-Kommentare in den Hauptstädten dieser Welt gefürchtet wurden, nun Sätze schreibt wie diese:
„Auf der Website der Kosmetikfirma Schwarzkopf werden der potenziellen Kundin nicht nur Shampoos und Sprays offeriert, sondern auch nützliche Tipps für die Frisur. Unter der Rubrik ,Do the Dutt’ gibt es zum Beispiel Anleitungen für den Messy-Dutt, den Ballerinaknoten oder den Nacken-Dutt. Servicejournalismus, der so auch in der ,Brigitte’ oder in anderen Frauenzeitschriften stehen könnte. Es ist aber Content Marketing.”
Unter der Überschrift „KATZENJAMMER – WORUM ES BEI DER DISKUSSION UM CONTENT WIRKLICH GEHT” stellt ein Diplom-Volkswirt eine Frage, die auch den Reklamehimmel seit Monaten beschäftigt: „Welche Aufgabe hat RÜGENWALDER im aktuellen Diskurs über die richtige Politik in der Flüchtlingsfrage?” Kann sich ein Besucher eurer Veranstaltung wirklich darauf verlassen, dass er eine fundierte Antwort erhält?
Ein Professor für Medienökonomie an der Universität Hamburg setzt sich laut HEROES auf dem ADC-Nachwuchskongress mit bestehenden Arbeitskulturen auseinander. Kommt dabei auch die Unkultur zur Sprache, warum Online-Käufer von Produkten und Dienstleistungen mit sinn- und zweckfreier Werbung bombardiert werden, NACHDEM sie SEKUNDEN ZUVOR genau das gekauft haben, wofür nun Werbegeld vernichtet wird?
Vorletzte Frage: Allianz, Microsoft, Die Bahn, Vodafone und andere Unternehmen haben ganzseitige Anzeigen in eurer Zeitung geschaltet. Wissen die Heldinnen und Helden der Kommunikation, die am Zustandekommen dieser Leistungsschau deutschen Werbeschaffens beteiligt waren, dass sie vermutlich von den meisten Reklamehimmel-Lesern für kalauernde Vollidioten gehalten werden? Und – letzte Frage – dass sie für jeden Tag dankbar sein sollten, der ihnen keinen beruflichen Absturz beschert, wie er dem Eingangs erwähnten Ex-Chefredakteur der STUTTGARTER ZEITUNG widerfahren ist?
PS: Weil doch gerade in aller Frauen und Herren Länder des vierhundertsten Todestages von Miguel de Cervantes Saavedra gedacht wird, sei im Zusammenhang mit euerem CONTENT-BATTLE an eine dazu passende Textstelle aus der Vorrede zu seinem Buch „Don Quijote von der Mancha” erinnert. Cervantes lässt darin einen Freund ungefähr folgendes sagen: „Sorgt ebenfalls dafür, dass beim Lesen Eurer Geschichte der Schwermütige wieder lachen lernt, der Lachende noch lauter lacht, der Einfältige sich nicht ärgert, der Verständige über die Erfindungsgabe staunt, der Würdige sie nicht geringschätzt und der Kluge sie loben muss.”
Aber wem sagen wir das?
Kommentare